Neulich bekam ich mal wieder mit, dass ein Kontakt von mir etwas postete, was kontrovers verstanden werden konnte. In der ersten Fassung dieses Artikels hatte ich hier noch genauer stehen, um was es ging und was passierte. Mein geschätzter Probeleser wies mich darauf hin, dass das “eigentlich nicht relevant” sei – und: er hat recht. Deswegen hier die Kurzfassung: Ein Post mit einer Meinung, über die man unterschiedlicher Auffassung sein kann. Viele Kommentare – viele zustimmend. Einige nach dem Tenor: “Wenn Du hier sowas postest, dann – bin ich hier weg.”

Sowas ärgert mich ja gerne mal – und diesmal habe ich rückgefragt.

Ich bekam sogar eine Antwort!!

“Frauke Schramm nachdem mir immer noch die Benachrichtigungen zugestellt werden, antworte ich mal: warum sollte ich eine Rückfrage stellen, wenn im Ausgangspost und in den Kommentaren hier schon deutlich wird, dass diskutieren hier sinnlos ist. Aggressive … Kommentare bleiben stehen, werden geliket. Sorry, ich sehe da keine Berührungspunkte. … und schalte die Benachrichtigungen zu diesem Post ab.”

Und da hatte ich sie – meine ganz persönliche Klatsche, die mich wieder einmal ratlos zurücklässt. Was soll das?

Nochmal: mir geht es nicht um den konkreten Post und die darin vertretene Meinung. Mir geht es um die nicht mehr vorhandene Diskussionskultur, die sich hier zeigt. Und darum, dass ich das einfach nicht nachvollziehen kann.

Habe ich schon Menschen entfolgt, weil sie Dinge gepostet haben, die mich … “abgetörnt” haben? Na klar. Waren nicht viele, kam allerdings schon vor. Bin ich schon entfolgt worden? Unter Garantie!
Habe ich dieses Entfolgen großartig angekündigt? Nein – wozu?
Ich habe eine leise Ahnung, dass das Verweigern des Gesprächs in Verbindung mit dem öffentlichen Ankündigen des Rückzugs ungefähr sowas zum Ausdruck bringen soll: “meine Meinung / mein Standpunkt ist besser / richtiger / korrekter als Deiner, also beende ich das hier ohne weitere Worte.” Tja. Ob es auf diesem hohen Ross wohl schön ist?
Natürlich finde ich meine eigenen Meinungen und Standpunkte gut und richtig (und ich gehe schwer davon aus, dass das bei Dir auch so ist!). SIND sie deswegen zwangsläufig besser und richtiger als Deine? Natürlich nicht! Vielleicht sind sie es – vielleicht auch nicht. Vielleicht sind sie gegensätzlich und wir können uns nicht einigen. Kann passieren. Sollte daraus ein Kontaktabbruch resultieren?
Warum denn bitte? Es ist völlig normal, dass Meinungen unterschiedlich sind. Weiter kommen wir nur, wenn wir darüber sprechen. Möglichst offen und ehrlich interessiert.
Begeistert bin ich, dass das in meiner eigenen Filterblase immer noch möglich ist. Dass dort erst mal gilt “interessant – wie kommst Du darauf?” Nur so können wir erfahren, was uns wirklich bewegt und woher Meinungen kommen. Dann wird ein Austausch möglich, der Erkenntnisgewinn verspricht. Und wenn wir danach immer noch verschiedener Meinung sind … na gut, dann kaufst Du halt weiterhin die Tinte für Deinen Füller in Patronen und ich kaufe Tinte im Gläschen (da gibts doch viel mehr Farben!!).
Natürlich war das letzte Beispiel banal, und meistens entzünden sich solche öffentlichen Rückzugsankündigungen an deutlich wichtigeren und sensibleren Themen. Für mich bleibt die Frage: Berechtigt alleine die Themenschwere sofortige Diskussionsverweigerungen? Ich denke – nein.
Und schon gar nicht sehe ich darin Gründe für das Zerschneiden eines gemeinsamen Tischtuchs. Wenn wir das alle ständig täten, wir wären alle sehr schnell sehr einsam. Eine Gesellschaft, eine wie auch immer geartete soziale Gruppierung funktioniert dauerhaft nur, wenn wir uns alle mehr für unsere Gemeinsamkeiten als für unsere Differenzen interessieren. Darüber entsteht Sinn und Verbindung.
Wenn ich mehr nach Trennendem Ausschau halte, dann tute ich genau das: ich trenne. Zunächst mal nur mich – von Dir, vielleicht wegen dieser doofen Tinte? (Spaaaaaaß!). Wenn dieses Verhalten immer weiter geführt wird, wenn viele Menschen das immer mehr als total normal empfinden … na, dann trennt sich eben unsere Gesellschaft. In viele kleine und kleinste Subsysteme, die dann irgendwann nur noch untereinander sprechen. Weil “Du” ja die falsche Tinte verwendest und das auch noch gut findest!
Du merkst – ich habe hier keine Antworten, nur jede Menge Fragen. Und ein Genick, das gerade vom vielen Kopfschütteln schon weh tut.
Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen. Ich will das auch nicht normal finden, und schon gar nicht werde ich das gutheißen. Mir scheint der Zusammenhang zwischen solchen Alltagsbeobachtungen und dem, was in “Politik und Gesellschaft” so läuft (oder eben auch nicht läuft) recht auffällig. Das wiederum heißt für mich: jede, jeder von uns kann bei sich selbst dafür sorgen, dass diese Spaltungen nicht immer noch weiter gehen.
So, Meinungsausbruch beendet. Beobachtest Du das auch? Wie empfindest Du das? Wann brichst Du den Kontakt ab – und: sagst Du das dann öffentlich? (bitte: ich will das wirklich wissen! Nur dann kann ich besser verstehen, was da passiert.) Das Kommentarfeld gehört Dir ♥️ ich freu mich auf Deine Gedanken dazu!
Frauke Schramm