Man könnte es glatt für einen Aprilscherz halten. Das ist es aber nicht. Worüber rede ich? Ab dem 5. April 2023 wird Meta den Usern (also Dir und mir) die Möglichkeit bieten, sich aus der Detaildaten-Auswertung herausnehmen zu lassen.

Die nüchterne Kurzfassung

Du fragst Dich jetzt, was diese Änderung bei der Detail-Auswertung schon wieder bedeutet? Darum gehts konkret:
Als wir uns auf Facebook und oder Instagram angemeldet haben, haben wir zugestimmt, dass Meta unsere Daten nutzen darf. Vor allem für einen Zweck: Werbetreibenden eine möglichst zielgerichte Auspielung ihrer Werbung anbieten zu können. In meinen Augen hat das für alle Beteiligten Vorteile.

Disclaimer: natürlich hab ich einen parteiischen Blick auf diese Frage. Ich verdiene einen guten Teil meines Geldes mit der Werbeschaltung auf Meta. Wenn Du grundsätzlich findest, Werbung sei pöse und gehöre verboten … dann brauchst Du nicht weiterzulesen ♥️ Denn dann werden wir uns sowieso nicht einig werden.

Vorteil 1: let’s talk money

Erstens: keiner von uns zahlt Geld dafür, dass wir Facebook / Meta verwenden können und dürfen. Die Nutzung ist trotzdem nicht „für umme“ – unser Entgelt besteht aus unseren Daten, aus unserem Nutzungsverhalten. Diese Daten sammelt Meta, verarbeitet sie und stellt sie den Werbetreibenden als Datenbasis zur Verfügung.

Vorteil 2: ich bekomme „interessante“ Werbung

Zweitens bedeutet das in meinem Alltag: ich sehe in meinem Feed, wenn ich als „die Frauke“ auf Social Media unterwegs bin, Werbung für Produkte, die mich interessiert. Und andere Werbung sehe ich einfach nicht. Noch konkreter: Ich sehe keine Werbung, wenn Automarke XY einen neuen „voll das Genialste irgendwas“ anbietet. Weil es mich nicht die Bohne interessiert! Und Meta weiß das mittlerweile sehr genau. Meta weiß auch, dass es für den Werbetreibenden und damit für den zahlenden Werbekunden von Facebook rausgeschmissenes Geld wäre, mir diese Werbung anzuzeigen.
Also sehe ich sowas ganz einfach nicht. Damit bin ich super zufrieden. Ich sehe stattdessen Werbung für Katzenspielzeug. Ich habe drei Katzen und was es da so alles gibt … sensationell! Und ja, ich habe da auch schon was gekauft. Womit bewiesen wäre: Werbung wirkt! Falls Du das für Dich und Dein Angebot auch mal ausprobieren möchtest – lass uns reden (jaaaaaa – das ist ein Werbeblock. Ganz eigennützig!)

Vorteil 3: tatsächlich haben alle was davon

Drittens: Je besser dieser gerade beschriebene Mechanismus funktioniert, umso besser ist das Angebot von Meta für alle Beteiligten. Ich muss kein Geld bezahlen, ich sehe Werbung, die wenigstens ansatzweise was mit meinem Leben und meinen Interessen zu tun hat, und die Werbetreibenden auf Facebook können deutlich besser die „richtigen“ auswählen, die ihre Werbung zu sehen bekommen. GANZ wichtig an dieser Stelle: ich kann die Daten von Meta nicht „herunterkaufen“! Wir können sie nutzen, um gezielt Werbung zu schalten. Ich kann aber nicht sagen, nu rückt ihr mal die Daten raus, und dann ruf ich die Sonja einfach ganz direkt mal an. Das geht nicht. Vielleicht ist die Sonja in meiner Zielgruppe und bekommt meine Werbung ausgespielt – das wars dann aber auch schon. OB sie darauf reagiert, entscheidet … die Sonja.

Ja aber der Datenschutz

Den Datenschützern ist das suspekt. Und ich würde mich sogar zu der steilen These versteigen, dass es ihnen egal ist, was sie damit Werbetreibenden antun.

Was mich ehrlich gesagt ziemlich ärgert: dass sie gleichzeitig mir als souveräner Nutzerin eines Services, zu dem ich mich freiwillig angemeldet habe, die intellektuelle Fähigkeit absprechen, selbst zu entscheiden, was ich will und was ich nicht kaufen will.

Ich kann nachvollziehen, dass der Datenschutz den großen Internet-Konzernen genauer auf die Finger schaut. Das ist gut und richtig so. Mir fehlt das Augenmaß, die Orientierung an berechtigten Interessen der Konzerne und der Kunden dieser Konzerne. Diese Kunden sind einmal die Nutzer – es sind aber auch die Werbetreibenden. Viele Werbetreibende konnten sich nur über die Werbe-Optionen von Meta überhaupt ein Business aufbauen – wer hat die Interessen dieser Unternehmer*innen im Blick?

Die Alternative

Denken wir mal ans Fernsehen: Wenn Du fernsiehst, kriegst Du Werbung mit der Gießkanne ausgespielt. Wenn ich eine Sendung im Nachmittagsprogramm angucke, ist das Werbeangebot so, dass ich am liebsten weinend unter dem Tisch verschwinden würde. (Nun isses nicht so, dass ich oft nachmittags fernsehen würde, aber trotzdem … Du verstehst, was ich meine). Oder ich schaue eine Sendung mit meinem Liebsten zusammen an, der sich für Autos schrauben und sowas interessiert – dann sitze ich daneben und gähne mir die Kiefer aus dem Gelenk bei der Werbung. Sie interessiert mich einfach nicht.

Wie geht das dann in der Praxis mit dem Opt-Out?

Konkret soll es übrigens dann so laufen: Du stellst bitte einen Nutzerantrag, der dann geprüft wird, und dann wird das wahrscheinlich bewilligt und dann gilt die veränderte Datenspeicherung / Datennutzung ab diesem Zeitpunkt.

Zitat: „Zwar müssen auch Anwender, die der Datenauswertung widersprechen, weiterhin mit personalisierten Anzeigen rechnen. Diese würden jedoch nur noch grobe Kenndaten wie etwa Alter oder ungefähren Aufenthaltsort berücksichtigen und nicht mehr auf detaillierten Nutzungsinformationen wie etwa den zuletzt angeschauten Videos basieren.“ Zitat Ende.

Schlussfolgerungen – kommt jetzt schon der Treppenlift?

Da, wie wir alle wissen, mein Lebensalter nicht mehr 25 ist  … frag ich mich, ob ich dann möglicherweise Werbung für Treppenlifte oder so angezeigt bekommen würde? Da ist mir mein Katzenspielzeug ehrlich gesagt schon lieber, wenn ich mal ganz ehrlich bin. Ungezielte Werbung kriege ich in meinem Leben außerhalb von Social Media schon genug um die Ohren gesäuselt. Diese Werbung nervt mich tatsächlich.

Meine Wahl – ich tu nix

Für mich heißt das: ich werde definitiv nicht widersprechen. Ich möchte bitte weiter gut auf mich zugeschnittene Werbung haben.

Zugespitzt lautet die Frage nämlich nicht nur, wer entscheidet, welche Werbung mir angezeigt wird? Sprich Gießkanne oder möglichst gezielt?

Sondern für mich lautet die Frage: Wer darf denn bitte entscheiden, was ich kaufe und was ich nicht kaufe? Und das kann ich tatsächlich ganz gut alleine. Ich bin da sehr, sehr, sehr, sehr zuversichtlich. Und ich glaube auch, dass du als meine Leserin oder als mein Leser dafür schlau genug bist. Du siehst Werbung – und Du triffst DEINE Entscheidung, ob Du das nun haben möchtest oder nicht.

Wenn wir schon Werbung sehen „müssen“, damit wir kein Geld bezahlen „müssen“ – dann soll diese Werbung bitte nicht nerven. Mich vielleicht sogar informieren oder unterhalten. Zumindest sollte sie mir Angebote unterbreiten, die für mich Relevanz haben.

Achtung, könnte polemisch wirken – meine Meinung

Ich habe es schon angedeutet – ich fürchte, dass den Datenschützern die Bedürfnisse und die Marketing-Notwendigkeiten von Unternehmerinnen und Unternehmern, vor allen Dingen im Bereich Online Business nicht wirklich klar sind. Oder sollten sie ihnen gar egal sein?

Ich kenne einige Unternehmerinnen und Unternehmen, deren Business ohne gezielte Onlinewerbung überhaupt nicht mehr funktionieren würde. Einfach, weil sie ihre Zielgruppe nicht mehr erreichen könnten. Sollen sie dann – Fernsehwerbung machen? Flyer drucken? Ersteres ist deutlich zu teuer, zweiteres ist oft sinnlos. Ist es dann okay, einfach zu sagen – Pech gehabt? Mach Dein Unternehmen halt zu … Hauptsache, der Datenschutz ist gewährleistet? Noch dazu der Datenschutz von Menschen, die zugestimmt hatten, dass ihre Daten für zielgerichtete Werbung verwendet werden darf.

Diese Menschen, diese Unternehmen, diese Arbeitgeber … oder sollen wir das Kind doch mal beim Namen nennen? … diese Steuerzahler – man erschwert es ihnen, ihr Business zu führen, damit Geld zu verdienen und … Steuern zu zahlen. Ich verstehe es nicht, mir erschließt sich der Sinn dahinter nicht.

Wie schon erwähnt: Kontrolle ist gut. Noch besser ist allerdings Augenmaß. Meta hat in den letzten Jahren viel getan, um so etwas wie die Wahlbeeinflussung in den USA 2016 zu erschweren (siehe dazu z.B. hier: https://netzpolitik.org/2018/cambridge-analytica-was-wir-ueber-das-groesste-datenleck-in-der-geschichte-von-facebook-wissen/ ). Es gibt keine 100%-Garantie für Sicherheit etc. – egal wie sehr wir die uns vielleicht wünschen. Und es gibt immer mehrere Interessen, die miteinander im Wettstreit stehen. Neben dem berechtigten Interesse eines Datenschutzes mit Augenmaß stehen die Interessen von werbetreibenden Unternehmen, die Geld verdienen wollen (und die Arbeitgeber sind … und die Steuern zahlen …). Wo ist die Abwägung? Soll der Datenschutz wirklich DAS höchste Gut sein? Über allen anderen?

Wie siehst Du das?

Ich bin gespannt auf deine Argumente. Auf das, was du dazu zu sagen hast. Mich stimmt diese Entwicklung sehr nachdenklich. Ich finde, wir gefährden damit – Achtung, große Worte – auch den Wirtschaftsstandort Europa. Und ich ganz für mich persönlich möchte bitte weiter selbst entscheiden, ob ich dieses niedliche Katzenspielzeug jetzt kaufe oder nicht und mich nicht durch langweilige Autowerbung hindurch quälen, nur damit niemand erfährt, dass mir das Katzenspielzeug wirklich doch lieber gewesen wäre.

Das Kommentarfeld gehört Dir ♥️

 

Frauke Schramm