Was fast immer hinter der Angst vor dem Shitstorm steckt

Wenn Du mit Menschen sprichst, die auf gar keinen Fall für ihr Unternehmen einen Auftritt in den sozialen Medien haben wollen, wirst Du eine Begründung immer wieder hören:

„ne, danke, auf so’n Shitstorm kann ich echt verzichten!“

Das wird meistens begleitet von einem entschiedenen Gesichtsausdruck und einer energischen Stimme. Bevor Du Dich jetzt besorgt fragst, ob da vielleicht was dran sein könnte und Du Deine Facebookseite nicht besser sofort abmelden solltest: das ist eine Ausrede. Oder ein Hinweis darauf, dass hier jemand einfach etwas nacherzählt, was er irgendwo aufgeschnappt hat.

Behaupte ich etwa, dass es den Shitstorm gar nicht gibt?

Nein. Es gibt den Shitstorm, es gibt immer wieder entsprechende Dynamiken im Netz (vor allem in den sozialen Medien, weil die einfach am schnellsten sind), die mit dem Begriff Shitstorm perfekt beschrieben sind.

Nur – heißt das, dass jedeR irgendwann einen abbekommt?

Nein. So einen richtigen Shitstorm gibt’s nicht jeden Tag, und die meisten von uns werden das nie erleben.
Ja. Ein wenig Gegenwind kann Dir jederzeit begegnen, und hey: Kritik ist nie schön.

Na, bist Du jetzt verwirrt? Lass uns mal genauer hinsehen:

Zuerst werfen wir einen kurzen Blick auf die Wikipedia-Definition:

Die Wikipedia schreibt: „Shitstorm“ bezeichnet … das  lawinenartige Auftreten negativer Kritik bis hin zur Schmähkritik im Rahmen von sozialen Netzwerken, Blogs oder Kommentarfunktionen von Internetseiten. Er richtet sich gegen Unternehmen, Institutionen, Einzelpersonen oder in der Öffentlichkeit aktive Personengruppen wie etwa Parteien.

Da steckt schon der erste Hinweis darin, warum ein Shitstorm kein Thema für jeden Tag ist. „Lawinenartig“ auftretende Kritiken haben wir im Alltag normalerweise nicht.

Die KollegInnen von feinheit.ch haben das Thema im Jahr 2012 mit einer Skala versehen – die findest Du hier:

Frauke Schramm Social Media Mutmacherin https://feinheit.ch/blog/shitstorm-skala/

Dort siehst Du – die ersten drei Stufen sind quasi das normale Wetter (den Vergleich mit der Beaufort-Skala – also Windstärken –  find ich äußerst gelungen!). Auch bei Stufe 3 passiert noch nicht wirklich viel. Erst danach wird es ungemütlich.

Deswegen habe ich vorhin auch geschrieben, klar kannst Du mal Gegenwind bekommen. Das ist aber noch längst kein Shitstorm! Das ist – Kritik. Und die gehört nun mal dazu zum Unternehmertum.

Kennst Du den Spruch „Wer nix tut, kann auch nix falsch machen“?

Wenn wir uns den im Zusammenhang mit Shitstorms anschauen … dann merkst Du ziemlich schnell, was wirklich hinter der Angst vor dem Shitstorm steckt. Nämlich die Angst, jemand könnte – berechtigte oder unberechtigte – Kritik üben. Die allermeisten Menschen werden nicht Hurra schreien, wenn jemand Kritik an ihnen übt. Auch wenn wir alle wissen, dass Kritik erst mal nicht schlecht / schlimm / gefährlich ist; da schlägt unser innerer Steinzeitmensch blitzschnell zu.

Denn grundsätzlich wollen wir alle erst mal gemocht werden, und Kritik kann leicht als Kränkung oder Bedrohung empfunden werden. Diese Reaktion darfst Du akzeptieren – und dann mit Deinem Verstand drauf schauen. WAS steckt tatsächlich in dieser Kritik? Will Dir da wirklich jemand „ans Bein …“? Oder steckt ein Körnchen Wahrheit drin?

Was tust Du, wenn Dich jemand völlig ungerechtfertigt angeht?

Oder unter der Gürtellinie zuschlägt? So gut wie nie sind das Kunden von Dir. Sondern Trolle, die einfach einen Blitzableiter suchen. Nun, Du und ich sind nette, tolle, kompetente Menschen – aber Blitzableiter sind wir nicht. Punkt. Heißt: Du löschst den Kommentar / die Nachricht. Fast immer ist damit auch sofort wieder Ruhe. Legt der Mensch nach, blockierst Du ihn für Deine Seite.

Was tust Du, wenn jemand zwar rumpoltert, aber tatsächlich etwas anspricht, was eine Kritik rechtfertigt?

Du reagierst. Und zwar sachlich, im Ton höflich bis freundlich. Je nachdem, um was es geht und wer da mosert. Lass Dich NICHT auf einen aggressiven Tonfall ein! Damit signalisierst Du nur, dass es hier wirklich einen Aufreger gibt.

Wenn Dir das schwerfällt, gib dem Dampf erst mal ein Ventil. Ich arbeite in so einem Fall gerne mit meinem E-Mail-Programm: ich kopiere mir den Text rein und dann antworte ich. Und da fallen wirklich deutliche Worte. Wenn ich dann merke, dass der erste Druck raus ist … lösche ich diese E-Mail 😊 (der allerwichtigste Tipp für dieses Verfahren: Stell bitte sicher, dass Du keinen Adressaten für diese E-Mail ausgewählt hast!! Das „An“-Feld ist also leer. Oder auch: es kann nix passieren).

Handelt es sich um eine Kundin von Dir, kannst Du etwas schreiben wie „Das tut mir leid, dass xy schiefgegangen ist / Du unzufrieden bist / Du Dich ungerecht behandelt fühlst. Ich werde mich über den Messenger / via E-Mail / telefonisch bei Dir melden, dann können wir das klären.“

Das machst Du natürlich nur bei KundInnen! Stänkert jemand rum, mit dem Du keine Kundenbeziehung hast, reagierst Du sachlich, freundlich, bestimmt.

  • Du schilderst den Sachverhalt aus Deiner Sicht.
  • Du entschuldigst Dich – WENN es einen Grund dafür gibt.
  • Du erklärst, was Du verändern wirst.
  • Oder Du erklärst, warum sich daran nix ändern wird.

Und jetzt der Grund, warum Du überhaupt auf sowas eingehen solltest.

Der Grund für diesen Aufwand ist nämlich nicht die Stänker-Maus, die da rumgemosert hat. Die kann uns einigermaßen egal sein.

Uns geht’s um all die, die das Gemoser UND Deine Reaktion darauf dann zur Kenntnis nehmen. Was macht das mit denen? Wenn Du auf eine unfaire / unsachliche Kritik freundlich / höflich und vor allem sachlich reagierst?

Genau. Sie werden sagen: „Boah, professioneller Umgang mit Stänker-Maus“. Und DAS ist Gold wert. Du vermittelst diesen Menschen „ich bin ein Profi, ich agiere professionell“. Damit weckst Du bei diesen Menschen auch die Erwartung, dass Du auch sonst professionell arbeitest. Aus einem Gemoser wird also eine Chance für Dich, Deine Professionalität zu beweisen.

(und nein, wir schicken Stänker-Maus trotzdem keine Dankes-Briefe!)

Die Sache mit der Statistik

Wenn Du jetzt immer noch denkst „Aber was tue ich, wenn es mich doch erwischt“ – dann kann ich Dir versichern: die Wahrscheinlichkeit dafür ist rein statistisch gering.

Denn:

 243,055 new photos are uploaded to Facebook every minute.

(gute Quelle – aber die Website ist nervig)

Achtung, das sind NUR Fotos. Über 200T jede MINUTE. Oder auch: bei der unglaublichen Menge an Daten, die da ständig neu entsteht – warum sollte da ausgerechnet bei Dir oder mir ein Shitstorm entstehen? Außerdem … noch sind wir nicht so wichtig, dass wir es bis in die Tagesschau schaffen. An der Wichtigkeit arbeiten wir, klar 😊. Allerdings gibts intelligentere / schönere Möglichkeiten, in den Nachrichten zum Tagesgespräch zu werden.

Noch wichtiger: wenn Du Dir die „richtigen“ Shitstorms anschaust, haben die fast alle was gemeinsam.

Erstens: das Unternehmen, das die Packung abbekam, hatte Mist gebaut. Oder sich zumindest fragwürdig und / oder ungeschickt verhalten.

Zweitens: sie haben versucht, es auszusitzen. Oder dermaßen unklug reagiert, dass der Sturm erst richtig losbrach.

Wenn Du und ich Mist bauen UND jemand mault uns deswegen an, dann geben wir unseren Fehler zu. Und wir erklären, was wir tun wollen. Oder zumindest, warum das passiert ist. Wir entschuldigen uns. Damit sollte die laue Brise sich auch schon wieder beruhigen lassen.

Was ist mit Hatern? Mit Vollpfosten? Mit Hassrede und Hetze?

Das ist eine eigene Kategorie. Wer ausprobieren möchte, wie das funktioniert, äußert sich Anfang 2022 einfach mal polarisierend zum Thema „Corona-Impfpflicht“ (NEIN – lass es, bitte!!).

Dieses Phänomen hat mit dem Shitstorm nur am Rande was zu tun. Da geht’s um „Wir gegen DIE“, „wer was anderes denkt als ich ist DOOOOF“. Dem Thema widme ich mich ein andermal, sonst wird dieser Artikel heute episch.

Fazit

Du und ich brauchen höchstwahrscheinlich keine Angst vor Shitstorms zu haben. Uns kann mal eine etwas kräftigere Brise anpusten – der wir relativ schnell den Wind aus den Segeln nehmen können.

Ich bin mir da so sicher, weil die Statistik eine ziemlich eindeutige Sprache spricht. Und weil wir genügend Verstand und Einfühlungsvermögen haben, um mit Kritik gelassen und souverän umzugehen.

Wie siehst Du das, die Sache mit den steifen Brisen? Hast Du sowas schonmal mitbekommen? Hast Du Fragen dazu? Dann her damit – das Kommentarfeld gehört Dir:

Frauke Schramm